Wie im letzten Bericht geschildert geht unsere Fahrt weiter über eine schlammige Dreckpiste bis wir den „Yukon River“ erreichen. Mit einer kleinen Fähre setzen wir über und befinden uns ab sofort wieder am Anfang des 19. Jahrhunderts. Die alte Goldgräberstadt hat nicht viel von ihrem Scharm eingebüßt. Das erklärt auch warum der Autor Jack London (Abenteuerromane wie Wolfsblut, Ruf der Wildnis) in seinen jungen Jahren hier als Goldsucher sein Glück versuchte, bevor er als Schriftsteller die Schönheit des Yukon niederschrieb und durchstartete. Das Stadtbild wird von alten Holzhäusern, ungeteerten Straßen und Saloons bestimmt. Zum Einem möchte man den Tourismus damit ankurbeln und zum Anderen ist die Haupteinnahmequelle der Bewohner immer noch der Goldabbau. Auch wenn die Tätigkeit heutzutage industrialisiert wurde ist es immer noch ein hartes Geschäft. Das schauen wir uns aus der Nähe an und so fahren wir mit unserem Gefährt ins Goldgräbergebiet. Über staubige Wege geht die Fahrt vorbei an unzähligen privaten Goldclaims. Aus der Ferne kann man beim Abbau zuschauen. Ein Betreten wäre viel zu gefährlich, denn auf Schildern wird auf die Lebensgefahr bei diesem Vergehen hingewiesen. Diese Handlung wird hier nicht als Kavaliersdelikt gesehen. Es soll vorgekommen sein, dass der Ein- oder Andere Unbelehrbare plötzlich in den doppelten Lauf einer Flinte geschaut hat. Wir fahren weiter auf den höchsten Punkt des Gebiets, von welchen wir die Spuren an der Natur (oder sollte man es eher „Wunden“ nennen?) deutlich sehen können. Tja aber so ist das halt, nur selten liegen die großen Nuggets ebenerdig rum. Das wird schnell klar als wir am „Dredge No. 4“ vorbei kommen. Dieser Goldgräberbagger war der größte industriell genutzte Bagger. Mit einem goldigen Lächeln im Gesicht verlassen wir die Stadt und reisen auf der Goldrauschroute gen Süden bis wir „Whitehorse“ erreichen.

Die Hauptstadt des Yukon zieht uns gleich in ihren Bann. Da wir uns auf unserem Roadtrip meist von leicht zubereitbarer Kost ernähren, was Claudi auf fantastische Weise gelingt, haben wir nun Appetit auf etwas Deftiges. So kehren wir im „Klondike Rib“ ein und lassen es mit Burger, Bier usw. krachen 🙂 . Im „MacBridge Museum of Yukon History“ erfahren wir viel über das Leben in dieser nördlichen Abgelegenheit und ein Besuch auf dem Schaufelraddampfer „SS Klondike“ zeigt uns, wie die Güter zu Zeiten des Goldrausch ihren Bestimmungsort erreicht haben. Wir schlagen noch einen kleinen Haken über das Dörfchen „Carcross“ bevor wir uns auf der sogenannten „Rocky Mountain Route“, welche ein Stück den Alaska Highway beheimatet, gen Dawson Creek fortbewegen. Carcross (mit rund 150 Einwohnern) befindet sich in einer Enge zwischen Lake Bennett und Tagish Lake und war zu Zeiten des Goldrausches der Umschlagort für Güter, die auf dem Yukon River transportiert wurden. Einmal im Jahr wird er durch seine geografische Lage von großen Karibuherden (die nordamerikanischen Vertreter der Rentiere) bevölkert und trägt daher seinen Namen „Caribou Crossing“. Durch einen kleinen Tipp finden wir einen wunderschönen einsamen Platz am „Choutla Lake“ zum übernachten. Dieser Platz spiegelt die ganze Schönheit, Einsamkeit und Wildnis des Yukongebiets wieder, sodass sich dieser Abend tief in unseren Erinnerungen einbrennt. Von nun an folgen wir dem Alaska Highway durch British Columbia, um einige Tage später Dawson Creek zu erreichen. Da wir in den Tag ganz entspannt vor uns hin cruisen und alle „Raser“ immer schön vorbei lassen, werden wir mit unbeschreiblichen Tierbegegnungen belohnt. Das Schöne daran ist, dass wir beide zu sehen bekamen, was wir schon immer uuunbedingt mal sehen wollten. So durften wir eines Abends auf einem absolut verlassenen Highway das Oberhaupt einer Bisonherde, welcher auf dem Weg zu seiner Herde war, begrüßen. Der Koloss, der geschätzte 900 kg auf die Waage brachte, dachte sich vermutlich das der Straßenrad um einiges angenehmer zu laufen ist mit seinen dicken Tretern. Um ihn zu passieren fahren wir langsam an ihm vorbei, fragen ob er ein Stück mit will und ob das der richtige Weg nach Dawson ist 🙂 . Niemals haben wir ein so großes, kräftiges und doch friedliches Tier aus nicht mal einem Meter Abstand gesehen. Ein Erlebnis das man definitiv nie mehr vergisst und da wir heute unseren Tiersichtungsglückstag haben ist die zweite Überraschung nicht weit. Ein Stück weiter dürfen wir erleben wie eine Grizzly-Bärenmutter mit ihren drei kleinen Raufbolden die Straße überquert, um dann neben uns eine ganze Ewigkeit mit ihnen zu spielen. Wir sitzen natürlich im Auto denn ein Aussteigen aus dem Fahrzeug bedeutet absolute Lebensgefahr. Die Bärenmütter werden am gefährlichsten eingestuft wenn sie mit ihren Jungen unterwegs sind, denn dann greifen sie meist sofort und ohne großes Zögern an. Es bleibt ein unvergessliches hautnahes Erlebnis, was man sonst nur aus Dokumentarfilmen kennt.

In Dawson Creek schauen wir uns den „Traffic Circle“, den sogenannten Kilometer null, des Alaska Highways an. Dieser wurde innerhalb von nur 7 Monaten in einer Länge von 2288 km von Fairbanks nach Dawson Creek aus dem Boden gestampft, nachdem Pearl Harbor bombardiert wurde. Der Alaska Highway endet hier, aber unsere Rocky Mountain Route nicht und so geht es für uns weiter Richtung der Nationalparks (von Jasper und Banff), welche beide zu den „Canadian Rocky Mountain Parks“ gehören. Wir erreichen den „Jasper Nationalpark“ und werden von Dickhornschafen begrüßt. Ihre Hörner können bis zu 14 kg wiegen und sich über mehr als 80 Zentimeter erstrecken. Integriert in diese atemberaubende Natur der Berge wollen wir natürlich auch auf einen hoch hinaus. Wir entscheiden uns für den „The Whistlers Mountain“ mit einer Höhe von 2285 m, vielleicht nicht super hoch aber da sich der Anstieg von 1200 Höhenmetern auf nur 7 km verteilt kommt man schon etwas ins schwitzen. Oben angekommen hat man eine tolle Aussicht. Wir geniessen und schauen auf unsere nächsten Ziele, den „Pyramid Lake“ den „Maligne Canyon“ und das „Valley oft the five Lakes“. Nach ein paar tollen Tagen geht es weiter über den „Icefield Parkway“ zum kleinen Ort „Lake Louise“. Wir beobachten in aller Früh den Sonnenaufgang am „Moraine Lake“  danach heißt es erneut, Schuhe geschnürt und los geht es. Am wunderschönen See „Lake Louise“ welcher dem Ort auch seinen Namen gibt, startet unser Abenteuer. Erstes Etappenziel, vorbei an „Lake Agnes“ und „Lake Mirror“, heißt „The little Beehive“ – es ist ein Berg welcher einen herrlichen Ausblick über das Tal erlaubt. Angestachelt von der kühlen Höhenluft starten wir von da aus um den 2649 m hohen „Mount St. Piran“ zu besteigen. Von dort aus haben wir einen weitläufigen Rundumblick und lassen uns mit unserem Reiseproviant nieder um die Aussicht vollends und in Ruhe zu genießen.

Nach soviel Betätigung lassen wir es die kommenden Tage ruhig angehen und fahren nach Banff, schlendern durch den Ort und beschließen noch weiter bis Calgary zu fahren, wo 1988 die olympischen Winterspiele stattfanden. Wir besuchen das „Calgary Stampede“-Gelände etwas außerhalb, hier findet jährlich eine 10tägige Landwirtschafts-Ausstellung statt. Die Rodeoshow gilt als die größte und bekannteste Veranstaltung dieser Art in der Welt. Leider sind wir 4 Tage  zu spät dran und sehen davon nur noch die Aufräumarbeiten. Nach soviel Ruhe ist es auch wieder schön in einer Stadt zu sein und so schauen wir uns vieles an, bevor wir uns nach Vancouver davonmachen. Da die Strecke circa 1000 km innehat fahren wir gemütlich in mehreren Etappen und Tagen dahin, zu schauen gibt es immer was. Im kleinen Örtchen „Hope“ und dessen Umland wurde der Film „Rambo I“ gedreht. Für diejenigen welche den Film kennen, dass ist der Ort der zum Schluss in Schutt und Asche gelegt wird 🙂 . In Vancouver angekommen entdecken wir jeden Tag etwas, vom „Stanley Park“ = das ist der größte Stadtpark Kanadas über das Künstlerviertel „Granville Island“ bis hin nach Downtown lassen wir nix aus. Als wir der Meinung sind alles, was uns interessiert, gesehen zu haben, verlassen wir Vancouver mit der Fähre und setzen nach Vancouver Island über. Vom kleinen Ort Nanaimo fahren wir in den Norden nach Comox und entschließen uns Richtung Tofino zu fahren, was auf der anderen Seite der Insel liegt. Auf dem Weg dahin machen wir Stopp im kleinen aber sehr schicken Ort „Port Alberni“. Hier erfahren wir, dass am nächsten Tag ein „Street Dragster Race“ stattfinden soll und das mitten in der Stadt! Die Rennwagen, genannt „Dragster“, sind amerikanische Oldtimer mit hochgezüchteten, großvolumigen, meist aufgeladenen Motoren. Also verwerfen wir unsere Pläne und bleiben da, um uns das anzuschauen. Wir sind jetzt keine klassischen Autorenn-Beobachter aber das hier ist ein mega Spaß. Wir sitzen auf einer Tribüne an der Startampel. Das grollen der V8 Motoren, der Geruch von Benzin und Reifengummi peitscht die Zuschauermenge an und jede Gummiwolke vom Burnout (= dabei bleibt das Auto auf der Stelle stehen, während sich die Hinterreifen sehr schnell drehen) wird mit lauten Applaus belohnt. Der Burnout ist hier Pflicht um die Reifen zu erhitzen und Dreck zu beseitigen, denn sonst geht bei -bis zu 1000 PS- am Start nichts los! Die Fahrer bekommen davon nichts mit, denn sie haben nur einen Blick für die Ampellichter und ihren Geschwindigkeitstunnel.

Am nächsten Tag beschließen wir zu unserem letzten Stopp in Kanada weiter zu reisen, Victoria. Die Stadt versprüht einen kolonialen Stil und lässt sich wunderbar zu Fuß entdecken. Wir laufen den inneren Hafen entlang bis zur bekannten Fisherman’s Warf, wo sich viele Künstler und Händler niedergelassen haben. Die Stadt ist schön aber auch sehr touristisch besucht. Am nächsten Tag schließen wir das Kapitel Kanada, um ein Neues zu öffnen und auf geht es zur Westküste der United States. Mit der Fähre setzen wir von Victoria nach Port Angeles (im Bundesstaat Washington) über und weiter geht der Roadtrip.

Vielen Dank das ihr euch wieder die Zeit genommen habt mit uns zu Reisen. Bis zum Nächsten mal…

 

Kanada – Ruf der Wildnis

4 Gedanken zu „Kanada – Ruf der Wildnis

  • 19. September 2016 um 11:13
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    Wieder ein absolut spannender Reisebericht mit beeindruckenden Bildern. Man sitzt jedesmal wie gebannt vorm Bildschirm. Lasst es euch weiterhin gutgehen und genießt die Zeit. Liebe Grüße von den 4 Hirschbachern

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    • 22. September 2016 um 22:51
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      Hallo ihr 4,

      das freut uns das es uns immer noch gelingt euch mit auf Reisen zu nehmen. Nun zieht bei euch der Herbst ein und es wird kühler, grauer und wir haben da vielleicht das Ein oder Andere Sunshine-Bild mit dabei, um euch ein Lächeln zu zaubern 🙂 Aktuell sind wir ja schon in Panama und ihr dürft auf die nächsten Berichte „USA“, sowie „Costa Rica“ gespannt sein. Bis bald.

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  • 20. September 2016 um 12:44
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    Jetzt muss ich doch auch mal meinen „Bautzner“ Senf dazugeben.
    Als ich die Karte in Eurem Wohnzimmer hab hängen sehen, konnte ich mir nicht so richtig vorstellen, dass und wie Ihr die ganzen bunten Punkte realisieren und bereisen wollt … und nun ist es ja fast geschafft. Jetzt seid Ihr in einer Gegend, die wir auch gern mal besuchen würden und die Idee mit dem Auto ist prima.
    Beeindruckende Bilder – da werdet Ihr ja mit einem RIESEN-Fotoarchiv heimkehren!
    Viel Spaß noch auf den weiteren Etappen und schöne Grüße aus der Oberlausitz in die große weite Welt!

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    • 22. September 2016 um 22:54
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      Hallo Petra,
      an das Fotoarchiv darf ich aktuell noch gar nicht denken, es sind TAUSENDE und Jedes hat einen großen Erinnerungsfaktor für uns. Wir freuen uns schon auf den Sofatag mit einem Kaffee und een Stück Eierschecke in unserem zu Hause und einer Diashow 🙂 Viele Grüße aus Panama, Claudia&Tobias.

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